Asbest Schiff

Asbest – immer noch ein Problem in der Seeschifffahrt

Das Asbestproblem an Bord von Seeschiffen ist noch lange nicht gelöst. Das zeigen Asbestfunde sogar auf Schiffen neuen Baudatums, denen die Bauwerften bescheinigt haben, dass beim Bau kein Asbest oder keine asbesthaltigen Materialien verwendet wurden. Fast 200 Teilnehmende informierten sich online auf der Branchenkonferenz Seeschifffahrt der BG Verkehr über gesundheitliche Folgen, die Rechtslage und Sanierungsmöglichkeiten.

Die Folgen beruflich bedingter Asbestexposition sind gut dokumentiert. Allein im Jahr 2019 starben in Deutschland 1671 Menschen, die an Asbestose, Lungenkrebs und Pleuramesotheliom erkrankt waren und deren Erkrankung als Berufskrankheit aner- kannt wurde. „Diese Zahl ist alarmierend“, sagte Dr. Jörg Hedtmann, Präventionsleiter der BG Verkehr, während seiner Begrüßungsrede auf der Branchenkonferenz. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum starben 884 Menschen an den Folgen aller anderen Berufskrankheiten zusammen und 497 Menschen nach Arbeitsunfällen.

Aufgrund der langen Latenzzeiten von durchschnittlich 38 Jahren, so Hedtmann, blieben asbestbedingte Erkrankungen noch lange ein Thema. Erst in 20 bis 30 Jahren sei mit abnehmenden Fallzahlen zu rechnen, bestätigte Dr. Markus Mattenklott vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). „Ein weltweites Asbestverbot gibt es bis heute nicht.“, sagte Mattenklott. Auch die globalen Produktionszahlen zeigen, dass der gefährliche Werkstoff in vielen Weltregi- onen noch verwendet wird.

Auf Schiffen unter deutscher Flagge bereits seit Juli 1990 verboten

In der Seeschifffahrt bleibt Asbest ebenfalls langfristig eine Gefahr. Auf Schiffen unter deutscher Flagge ist die Verwendung von Asbest oder asbesthaltigen Produkten zwar bereits seit dem 1. Juli 1990 durch die Unfallverhütungsvorschriften für die Unter- nehmen der Seeschifffahrt (UVV See) verboten. Auf Schiffen, die vor diesem Datum gebaut wurden, können jedoch Materialien aus Asbest verbaut worden sein. Sofern sichergestellt ist, dass von diesen Materialien keine Gefährdung für die Gesundheit der Besatzung an Bord ausgeht, dürfen sie an Bord verbleiben.

Das internationale SOLAS-Übereinkommen (International Convention for the Safety of Life at Sea) verbietet erst seit dem 1. Januar 2011 weltweit die Verwendung von Asbest oder asbesthaltigen Materialien auf Handelsschiffen. Auf Schiffen, die vor dem 1. Januar 2011 für ausländische Flaggen gebaut wurden, kann es deshalb bis zu diesem Zeitpunkt zum Einbau von Asbest oder asbesthaltigen Materialien gekommen sein.


Martin Küppers, Leiter des Kompetenzfeldes Regelsetzung und Arbeitssi- cherheit, bei der BG Verkehr, und Moderatorin Katrin Degenhardt führten durch die Branchenkonferenz. Foto: BG Verkehr

Martin Küppers, Leiter des Kompetenzfeldes Regelsetzung und Arbeitssicherheit, bei der BG Verkehr, und Moderatorin Katrin Degenhardt führten durch die Branchenkonferenz. | Foto: BG Verkehr


Von der Gefährdungsbeurteilung hängt vieles ab

Von dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung hängt das weitere Vorgehen ab. Sind die Seeleute einer Gefährdung durch Asbestexposition ausgesetzt, muss das Asbest umgehend von einem Fachbetrieb entfernt und entsorgt werden. Oftmals ist Asbest jedoch z. B. in Isolierungen von Rohrleitungen oder in Dichtungen fest gebunden. Dann haben die Reeder einen zeitlichen Spielraum für die Beseitigung. Zahlreiche Flaggenstaaten fordern stattdessen rigoros eine Beseitigung innerhalb von drei Jahren. Für die Beseitigung auf einem deutschen Schiff gelten die strengen Regeln der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und der TRGS 519. Vorgeschrieben ist auch eine Anzeige an die zuständige Behörde (Dienststelle Schiffssicherheit) und eine Durchschrift an den zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (BG Verkehr) nach Anhang I Nummer 2 Punkt 2.4.2 der GefStoffV und Nummer 3 der TRGS 519.

Stolpersteine beim Einflaggen

Einen Spezialfall stellte Armin Steinhoff vom Amt für Arbeitsschutz der Hansestadt Hamburg vor. Steinhoff referierte über die Einflaggung asbestbelasteter Schiffe aus Sicht der Marktüberwachung im Chemikalienrecht, für die sein Amt zuständig ist. „Wenn das Vorhandensein von Asbest durch die Vorlage des Gefahrstoffinventars im Einflaggungsprozess offensichtlich wird, könnte der Import abgelehnt oder ein vorheriger Ausbau der Asbestmaterialien gefordert werden“, sagte Steinhoff. Wer als Reeder das Vorhandensein von Asbest verschweigt, begibt sich auf dünnes Eis. Fällt nach einer Einflaggung auf, dass Asbest an Bord vorhanden ist, wird die Chemikalienbehörde wegen rechtswidrigen Imports tätig und schaltet wegen der Strafbarkeit auch die Staatsanwaltschaft ein, so Steinhoff.

Fazit der Konferenz

Falls es Asbestbefunde an Bord gibt, sollten die Reeder frühzeitig die Weichen für richtiges Handeln stellen. Falls der Asbestbefund dies zulässt, beispielsweise bei fest gebundenem Asbest in Dichtungen oder Rohrleistungsisolierungen, dann ist ein vorausschauendes Konzept für den Austausch erforderlich.

Falls akute Gefahr durch lose gebundenen Asbest oder durch umfangreichen Einsatz in Aufbauten besteht, dann sollten die Reeder einen Sachkundigen einbeziehen und eine fachkundige Ermittlung der Dringlichkeit und des Umfanges einer Sanierung feststellen lassen.

Eine Zusammenstellung der BG Verkehr zu den Handlungspflichten des Reeders kann per Mail an pressestelle@bg-verkehr.de angefordert werden.

(Quelle: BG Verkehr, 18.03.21)

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