Neue EU-Grenzwerte: bekommen wir jetzt Tote durch Asbest?
Experten fürchten zusätzliche Asbest-Opfer wegen der steigenden Zahl an Gebäudesanierungen für den Klimaschutz. Wie die EU-Kommission am Montag mitteilte, erfordern die Arbeiten für mehr Energieeffizienz oft das Entfernen von frühen verbauten asbesthaltigen Materialien. Dies stelle während der Sanierungswelle einen gesundheitlichen Risikofaktor dar.
In Konsequenz will die EU-Kommission nun die europäischen Grenzwerte für die arbeitsbedingte Asbestexposition senken. Ein konkreter Vorschlag soll im kommenden Jahr auf den Tisch gelegt werden.
Nach Zahlen der Brüsseler Behörde sterben in Europa jährlich etwa 88 000 Menschen an den Folgen von Kontakt mit Asbest. 55 bis 85 Prozent der am Arbeitsplatz entwickelten Lungenkrebserkrankungen sollen in Zusammenhang mit dem Material stehen.
In Deutschland wurden die Herstellung und die Verwendung von Asbest bereits 1993 verboten. Viele langlebige Asbestprodukte wie Bodenbeläge oder Dachplatten sind nach Angaben des Umweltbundesamtes aber noch immer in Häusern zu finden. Auch Fliesenkleber, Spachtelmassen und Putze können demnach Asbest enthalten.
Auch neue Grenzwerte für Blei
Ebenfalls im kommenden Jahr verschärfen will die EU-Kommission die Arbeitsplatzgrenzwerte für Blei und sogenannte Diisocyanaten, die zum Beispiel in Dichtungsmitteln, Beschichtungen und Schäumen enthalten sind. Strengere Regeln für den Umgang mit dem etwa für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien verwendeten Metall Kobalt soll es 2024 geben.
Zudem wird sich die Kommission künftig auch stärker mit den Auswirkungen des digitalen Wandels beschäftigen. Auf der einen Seite könnten technische Lösungen die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer verbessern, indem sie gefährliche und monotonische Aufgaben übernehmen, hieß es am Montag. Auf der anderen Seite stünden aber auch neue Risiken für die körperliche und seelische Gesundheit der Arbeitnehmer.
Im Laufe der Corona-Pandemie hätten so fast 40 Prozent der Arbeitnehmer begonnen, vollständig aus dem Homeoffice zu arbeiten. Daraus könnten sich psychosoziale und ergonomische Risiken ergeben – zum Beispiel wegen mangelnder sozialer Interaktion oder der permanenten Erreichbarkeit.
Ziel müsse es sein, die Zahl der arbeitsbedingten Todesfälle in der EU möglichst auf null zu senken, sagte der zuständige EU-Kommissar Nicolas Schmit zu den Plänen. Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis verwies darauf, dass jährlich in der EU immer noch mehr als 200 000 Arbeitnehmer an arbeitsbedingten Erkrankungen stürben – obwohl zum Beispiel die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle zwischen 1994 und 2018 um etwa 70 Prozent zurückging.
(Quelle: dpa, 28.06.21)